Adressdatenkauf nichtig mangels wirksamer Einwilligung der Betroffenen (Deutschland)

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat entschieden, dass ein Kaufvertrag über Adressdaten nichtig sei mangels wirksamer Einwilligung der Adressinhaber (Urteil 13 U 165/16 des OLG vom 24. Januar 2018; die zugehörige Pressemitteilung findet sich hier).

Ausgangspunkt war eine auf Adresshandel spezialisierte Firma, die insolvent wurde. Der Insolvenzverwalter verkaufte der ebenfalls auf Adresshandel spezialisierten Klägerin am Tag der Insolvenzeröffnung verschiedene Internet-Domains der Schuldnerin einschliesslich der über diese Domains generierten Adressen für 15’000€. Die Daten befanden sich ursprünglich auf Servern der Schuldnerin und wurden der Klägerin auf einem USB-Stick übergeben. Die Server selbst wurden vom Insolvenzverwalter an eine unbeteiligte, aber ebenfalls im Adresshandel tätige Drittfirma verkauft. Diese rekonstruierte die Daten und nutzte eine Million Adressen, um Werbe-E-Mails für die Internetseite sexpage.de zu versenden. Die Klägerin klagte gegen den Insolvenzverwalter auf Unterlassung sowie teilweise Rückzahlung des Kaufpreises, da sich der Wert der Adressen durch den Versand der Werbe-E-Mails um 2/3 verringert habe.

Nach deutschem Recht sei die Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn der Betroffene einwillige oder das so genannte Listenprivileg eingreife. Letzteres war in diesem Entscheid gemäss OLG nicht einschlägig, weshalb es sich im Anschluss mit der Einwilligung befasst.

Das OLG erinnert daran, dass eine Einwilligung nach deutschem Recht nur wirksam ist, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht, der auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hingewiesen wird. Sie sei ausserdem besonders hervorzuheben, wenn sie mit anderen Erklärungen erteilt werde [Anmerkung des Schreibenden: Diese Regel findet sich auch in Art. 7 Abs. 2 EU-DSGVO, wonach das Ersuchen um Einwilligung “so erfolgen [muss], dass es von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist”.]

Die Einwilligungserklärung im vorliegenden Fall habe aber weder die betroffenen Daten noch Kategorien etwaiger Datenempfänger oder den Nutzungszweck – nämlich Adresshandel – konkret genug bezeichnet. Es habe zudem die verlangte besondere Hervorhebung gefehlt. Der Kaufvertrag sei daher nichtig, da die Adressinhaber nicht wirksam eingewilligt hätten.

Darüber hinaus verpflichte der Kaufvertrag die Parteien systematisch zu einem unlauteren wettbewerbswidrigen Verhalten: der Zusendung von Werbe-E-Mails ohne Einwilligung. Entsprechend sei der Vertrag auch deshalb gesamthaft nichtig. Entsprechend wies das OLG die Klage zurück.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann an den Bundesgerichtshof weitergezogen werden.

Das Urteil basiert auf dem bisherigen deutschen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), welches noch nicht den Anforderungen der EU-DSGVO entspricht. Gerade im Bereich der Einwilligung ist das neue Recht indessen deutlich strenger. Entsprechend ist zu erwarten, dass das OLG Frankfurt am Main seine Praxis, wonach die fehlende Einwilligung sogar die Nichtigkeit von Verträgen über entsprechende Datenbestände nach sich ziehen kann, auch unter dem Regime der EU-DSGVO fortführt und dies allenfalls von anderen Gerichten in Deutschland und in der EU aufgenommen wird.

Für Unternehmen, die im Adresshandel tätig sind oder Adressbestände (insb. aus der EU) kaufen, empfiehlt es sich bei entsprechenden Geschäften genau hinzusehen, ob die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere jene betreffend der Einwilligung, eingehalten wurden. Ansonsten droht ihnen, ihre (vermeintlichen) vertraglichen Ansprüche wegen Nichtigkeit nicht durchsetzen zu können.